DEBRIEFING COP 29:
Zusammenfassende Rückschau auf die Weltklimakonferenz (No. 29) in Baku vom 11. bis 22. November 2024
Auf der europäischen Unionsebene bin ich als die Repräsentantin der Christians4Future Deutschland engagiert und habe somit auch Zugang als Klimapaktbotschafterin zu den stattfindenden Events, Webinaren, Live-Präsenzveranstaltungen und Akademievorlesungen (EU-Climate-Academy), wo hochrangige Wissenschaftler*innen und vor allem diplomatische Verhandler*innen, die bspw. seit 20-25 Jahren auf den Weltklimakonferenzen an den runden Verhandlungstischen sitzen und um jedes Wort ringen, teilnehmen und uns, den Engagierten aus der Zivilgesellschaft, die wir nicht als Observer (= Beobachter*innen) vor Ort sein können, aus erster Hand berichten, wie die Konferenz abgelaufen ist. Davon könnt Ihr jetzt mehr lesen.
Outcome
Jake Werksman war als Verhandler für das finalisierte Abschlussschreiben als EU-Vertreter dabei und hat uns, den Climate-Pact-Ambassador-Mitgliedern, (kein öffentlich zugänglicher virtueller Call) in Retrospektive folgendes zum OUTCOME (= Resultate, die beschlossen wurden) berichtet:
- Die finale Sitzung (über 32 Stunden lang und bis weit in den 23.11. hineinreichend) war fast ausschließlich emotional geprägt, vor allem bzgl. des Art. 6 des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 (hier geht es um die Mechanismen zu den Carbon-Finanzierungen); Resultat: keines – es gab keine Einigungen zu Kooperationen für die notwendigen Maßnahmen aus der COP 28.
- Klimafinanzierung muss viel besser funktionieren, vor allem durch viel stärkere Einbindung des privaten Sektors; nicht nur der einzelnen Länder und Staatenbündnisse wie bspw. der EU.
- Einigung auf Finanzierung des Globalen Südens als Ausgleich zu den bereits entstehenden Klimaschädigungen (Einigung zu Loss and Damage aus COP 28) errungen; allerdings extrem ernüchternd, denn Saudi-Arabien, Südkorea, China und Vereinigte Arabische Emirate haben sich geweigert und werden nicht einzahlen; Befürchtung, dass andere Staaten nachziehen … Eine Einigung auf eine spezifische Zahl, die im Vertrag/Treaty/Abschlussschreiben angegeben wird, ist nun 300 Billionen US$ ab 2035; extreme Ernüchterung bei allen Verhandlungspartnern, Zivilgesellschaft und vor allem allen Vertretungen aus den MAPA-Ländern (= most effected people and areas), denn durch eine geopolitisch neu ausgerichtete Ordnung mit vermutlich gesamtheitlich steigender Inflation wird der sogenannte OUTFLOW, also das Geld, dass dann tatsächlich zur Verwendung steht, nicht ansatzweise den schon jetzt immer häufiger stattfindenden Klimaereignissen gerecht. Jake Werksman hat berichtet, dass neben der World Bank und einigen Staaten aus dem Globalen Norden andere ebenso aufgefordert wurden, dieser Klimafinanzierungslösung erstmal zuzustimmen und einzusteigen, sie wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt.
- Keine Einigung auf irgendeine Lösung zu MITIGATION (= Minderung/Linderung von Folgen nach Klimakollaps, wie z. B. einer Überschwemmung oder Hungersnot nach jahrelanger Dürre und ausbleibender Ernten in betroffenen Ländern)
- Fazit: Die ausrichtende Organisation, hier die aserbaid. Regierung hat im Prozess die Kontrolle über die COP 29 komplett verloren, es gab vorwiegend bilaterale Verhandlungen von Greenwashing- und Lobbyistenvertreter*innen in nicht offiziellen Sitzungsräumen gemäß dem Ausspruch: „All were watered down- better to have no descision than back to the ones from last year; so no just transition at all.“
- China hat sich klar gegen einen DEBT-RELIEVE ausgesprochen, also dagegen abgestimmt, und insgesamt lässt sich festhalten, dass es eine große Widerstandsaufstellung des Globalen Nordens, Saudi-Arabien, China etc. in Hinblick auf auszutarierende Verhandlungen zu climate finance, mitigation, carbon mechanisms und climate financed debt-release gab; hinzu kommt der Eindruck, dass die eigentliche Idee von weltumspannenden Verhandlungen nicht mehr gewährleistet wird (Observer-Zitat von ECODES, die NGO ist seit über 20 Jahren bei den Verhandlungen dabei). Kurzum: Es ging um Greenwashing, es fehlte an Transparenz und den Medien, Journalist*innen sowie Protesten aus der Zivilgesellschaft wurde komplett in einer separierten Zone ohne große Sichtbarkeit ein wirksamer Raum genommen; COP 30 findet in Brasilien statt und es wird vermutet, dass die beschlossenen Arbeitspakete bis dahin kaum fertiggestellt sein werden; zudem wird ein Safe Space für Indigene, Protestierende, Zivilgesellschaft vermutlich noch enger und kleiner bis zur Unkenntlichkeit erschwert (Trump-Präsidentschaft).
Wir brauchen ein neues Modell für die Weltklimakonferenz
WIR BRAUCHEN EIN NEUES MODELL FÜR DIE WELTKLIMAKONFERENZ (COP = Conference of Parties) und viel mehr ADVOCACY-ARBEIT für uns selbst (Aktivist*innen, Zivilgesellschaft).
Für die weitere Lektüre: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/0detail/en/ip_24_6043
Vielen Dank und uns allen eine friedliche, schöne und vor allem auch frohe, hoffnungsstarke Advents- und Weihnachtszeit, wo auch immer Eure Familien und Ihr auf dieser wunderbaren Erde, die unser aller Haus ist, seid.
Yvonne Berlin (Climate Pact Ambassador der C4F Deutschland)